Die Wahl eines geeigneten Hilfsmittels

Stand: 23. Januar 2015

Wenn der persönliche Hilfsmittelbedarf und die Anforderungen des Arbeitsplatzes ermittelt worden sind, wird die Hilfsmittelausstattung empfohlen.

Menschen mit Sehbehinderung haben im optimalen Beratungsprozess bereits die Wirkung (mit Vor- und Nachteilen) der Hilfsmittel kennengelernt und diese auch erproben können. Die Hilfsmittelempfehlung berücksichtigt dann auch noch die betrieblichen Anforderungen.

Trotz aller Professionalität kann nicht immer sichergestellt werden, dass die empfohlenen Hilfsmittel auch wirklich optimal sind – erst im täglichen Einsatz werden die Stärken und Schwächen deutlich.  Eine nachträgliche Veränderung oder Ergänzung sollte daher immer möglich sein und wird von der Fachberatung unterstützt. Neue Anforderungen an den Arbeitsplatz verändern u.U. auch den Hilfsmittelbedarf – z.B. bei der Einführung neuer Betriebssysteme oder Dokumenten-Management-Systeme. 

Optische Hilfsmittel

Optische Hilfsmittel umfassen Bildschirmarbeitsbrillen, aber auch stärkere Sehhilfen wie Lupenbrillen, Monokulare, Lupen, Leuchtlupen und Kantenfiltergläser.

Bildschirmarbeitsbrillen

Bedarf einer altersbedingten Brille (Presbyopie)

Zum optimalen Sehen in der Nähe sind bis zum Alter von etwa 40 Jahren keine zusätzlichen Gläser notwendig. Da die Akkommodation der eigenen Augenlinse jedoch mit zunehmendem Alter abnimmt, ist irgendwann der Zeitpunkt gekommen, an dem die Naheinstellung für ein scharfes Bild in der Nähe nicht mehr ausreicht. Bei Weitsichtigen (Hyperopen), die die Akkommodation schon zum Teil zum Sehen für die Ferne verwenden, ist das früher der Fall als bei Kurzsichtigen (Myopen), die unter Umständen für die Nähe gar keine Korrektur benötigen. Allen gemeinsam ist aber, dass wegen der fehlenden Akkommodation ab einem gewissen Alter nicht mit einer monofokalen Brille in Ferne und Nähe scharf gesehen werden kann. Ein üblicher Leseabstand liegt bei etwa 40 cm.

Stufungstabelle für die Nähe:

AlterNahzusatz (zum Fernwert dazu)
40 Jahre + 0,5 dpt sph
45 Jahre + 1,0 dpt sph
50 Jahre + 1,5 dpt sph
55 Jahre + 2,0 dpt sph
60 Jahre + 2,5 dpt sph
65 Jahre + 3,0 dpt sph

Tabelle 1: Die Stufungstabelle zeigt den üblicherweise nach Altersgruppe erforderlichen Nahzusatz in Dioptrien.

Zur Nahvisusprüfung werden standardisierte Lesetafeln verwendet (Niedentafel).

Noch stärkere Nahzusätze werden auch im höheren Alter kaum verordnet, höchstens wenn man extrem schlecht sieht oder an einer schweren Augenkrankheit leidet, z.B. an der einer Degeneration der Makula (das ist der Bereich des scharfen Sehens auf der Netzhaut).

Bedarf einer behinderungsbedingt erforderlichen Brille

Eine behinderungsbedingt erforderliche Brille ist eine spezielle Arbeitsbrille, die über die üblichen Korrekturen hinausgeht und eine individuelle Anpassung erfordert. Dieses optische Hilfsmittel darf auch nur am Arbeitsplatz verwendet werden - ansonsten ist die Krankenkasse Kostenträger.

Der Bedarf einer behinderungsbedingt erforderlichen Brille ist wahrscheinlich, wenn

  • Personen, die unter 40 Jahre alt sind, einen Nahzusatz für die Nähe benötigen.
  • eine Addition die Werte der Stufungstabelle um 0,5 dpt überschreitet.
  • bei reduziertem Abstand (kleiner als 30 cm) die Nahstärke genutzt wird.

Brillenglasbestimmung

Abb. 3: Brillenglasbestimmung (Elke Wegner – Fachberaterin LWL Berufsbildungswerk Soest – Beratungszentrum)

Weitere optische Hilfsmittel

Weitere optische Hilfsmittel sind Lupenbrillen, Monokulare, Lupen, Leuchtlupen, Kantenfiltergläser, usw. Nähere Informationen geben spezialisierte Beratungsstellen.

Großbildschirme

Sehbehinderte Menschen brauchen meist eine deutlich vergrößerte Schriftdarstellung. Damit trotz großer Schrift noch ausreichend Inhalt auf den Bildschirm passt, sind Großbildschirme mit Diagonalen von 24 Zoll und größer oft sinnvoll.

Großbildschirme haben folgende Vorteile für Nutzer/-innen:

  • Die Bildschirmauflösung kann reduziert und so die Schrift vergrößert dargestellt werden.
  • Beim Einsatz einer Vergrößerungssoftware steht mehr sichtbare Fläche zur Verfügung.
  • Mehr Information kann ohne Wechsel der Anwendung gleichzeitig dargestellt werden.

Hinweis: Bei Bildschirmen mit dem Seitenverhältnis von 16:9 (WUXGA) sollte die Auflösung im Seitenverhältnis reduziert werden: 1280 * 768, 1360 * 800

Zu beachten ist dabei:

  • Die Reduzierung der Auflösung führt unter Umständen zu Bildlaufleisten oder nicht mehr dargestellten Anwendungsinformationen.
  • Unschärfere Darstellung durch Interpolation bei Reduzierung der Auflösung
  • Erhöhter Platzbedarf für Monitore
  • Glänzende Displays und Rahmen können zu unerwünschten Blend-Effekten führen
  • Bei reduziertem Sehabstand ist der vollständige Bildschirminhalt unter Umständen nur durch ungünstige Körperbewegung zugänglich. Hier kann ein Monitorschwenkarm angezeigt sein.

Monitorschwenkarm

Ein Monitorschwenkarm erlaubt die freie Positionierung zum Auge mit maximalen Freiheitsgraden.  Die Vergrößerung der Darstellung durch Annäherung an den Bildschirm (kurzer Leseabstand) kann mit einem Schwenkarm ergonomisch erfolgen.

Zu beachten ist dabei: Montagemöglichkeiten sind evtl. durch Kabelkanäle, Tischkonstruktionen usw. eingeschränkt. Bei tiefen Arbeitstischen (> 90 cm) reicht der Schwenkbereich unter Umständen nicht aus. Eine Montage auf dem Schreibtisch ist grundsätzlich möglich (6-8-mm-Loch im Tisch, Abstand zur vorderen Kante ca. 40 bis 50 cm).

Siehe auch unsere Informationen zur Produktgruppe Bildschirme.

Vergrößerungssoftware

Vergrößerungssoftware wird auf dem Arbeitsplatzrechner zusätzlich installiert, um die üblichen Anwendungen in stärkerer variabler Vergrößerung darzustellen. Bei aktivierter Vergrößerung ist dann nur ein (verschiebbarer) Ausschnitt der Software sichtbar. Ergänzend kommt eine sehr deutliche und konfigurierbare Maus- bzw. Fokusverfolgung hinzu: das Bewegen der Maus oder das Durchtabben bewegt also den sichtbaren vergrößerten Ausschnitt. Oft hat Vergrößerungssoftware auch eine ergänzende Sprachausgabe.

Die schrittweise Vergrößerung der Bildinformation erlaubt Menschen mit Sehbehinderung einen Zugang zu PC-Anwendungen. Kantenglättung, Kontrastverstärkung und diverse Einstellungsmöglichkeiten optimieren den Zugang. Die Wirkung der Software geht über die im Betriebssystem enthaltenen Funktionen zur Schriftvergrößerung deutlich hinaus.

Zu beachten ist dabei: Durch die Vergrößerung ist nur noch ein Bildausschnitt sichtbar. Die Arbeit am PC erfordert die Navigation und Orientierung über die gesamte Fläche. Eine Arbeitsplatzanalyse ist vor Beschaffung sinnvoll. Diese betrifft die eingesetzte Technik (Betriebssystem, Hardware, Anwendungsprogramme), aber auch Arbeitsabläufe und die Kommunikationstechnik. Eine Schulung in der Handhabung ist i.d.R. erforderlich. Die Kombination mit Kamera-Lesegeräten erfordert Anpassungen insbesondere beim mobilen Einsatz (Installation auf Notebooks).

Siehe auch unsere Informationen zur Produktgruppe Vergrößerungssoftware.

Bildschirmlesegeräte / Kameralesegeräte

Bildschirmlesegeräte ermöglichen die vergrößerte und kontrastverstärkte Darstellung gedruckter Informationen auf einem separaten Display. Bei manchen Geräten liegt die Vorlage auf einem horizontal und in die Tiefe beweglichen Kreuztisch, dessen Bewegung den sichtbaren Ausschnitt verändert. Der Autofokus stellt automatisch scharf, die Kamera und der Kamerakopf sind meist drehbar – manche Geräte können so auch ein Tafelbild auf den Bildschirm holen. Kontrast und Falschfarben-Einstellungen können ein längeres Lesen am Bildschirm unterstützen. Die HD-Auflösung bietet in kleineren Vergrößerungsstufen eine höhere Auflösung. Die Bedienung (gewählte Vergrößerungsstufe, Kontrastansichten, ggf. Sprachausgabe) erfolgt über ein Steuerpult.

Bildschirmlesegerät

Abb. 4: Ein Bildschirmlesegerät nimmt eine Drucksache (hier ein Buch) auf und zeigt den Text vergrößert auf dem Bildschirm. Manche Geräte können den Text auch über mitgelieferte Software digitalisieren und so elektronisch weiterverarbeitbar machen.

Zu beachten ist dabei:

  • Ein Bildschirmlesegerät bedeutet einen erhöhten Platzbedarf.
  • Bei Tischbefestigung ist auf ausreichende Tischtiefe achten.
  • Eine Bildschirmteilung ist nicht bei allen Geräten möglich.
  • Empfehlenswert: Eigenes Display für die Kamera

Ein Kreuztisch, der das leichte Verschieben der Drucksache unter dem Kamerakopf erlaubt, kann bei schweren Unterlagen sowie bei Listen eine wesentliche Hilfe darstellen. Beim Einsatz des Kreuztisches steigt allerdings der Platzbedarf.

Es gibt auch mobile Geräte von 1 bis 2 kg Gewicht, die sich auch für den Einsatz außer Haus eignen, allerdings weniger Bedienkomfort bieten. Manche Geräte lassen sich auch an einen PC anstatt an einen eigenen Bildschirm anschließen und bieten Texterkennungsfunktionen, welche die Weiterverarbeitung abgebildeter Texte ermöglichen.

Siehe auch unsere Informationen zur Produktgruppe Bildschirmlesegeräte.

Screenreader und Braillezeilen

Wenn Informationen nicht mehr über den Sehsinn aufgenommen werden können, verbleibt der Hör- und Tastsinn. Der Zugang zu Informationen über synthetische Sprachausgaben ist über Brückenprogramme (Screenreader) möglich. Screenreader sind für die gängigen Betriebssysteme verfügbar. Weitere Informationen finden sich auch im Wikipedia-Eintrag zu Screenreadern.

Der taktile Zugang erfolgt über Braillezeilen.
Braillezeile

Abb. 5: Eine Braillezeile gibt blinden Nutzern den Inhalt des Bildschirms dynamisch als Blindenschrift aus - anstelle der Screenreader-Sprachausgabe oder ergänzend dazu.

Es gibt auch mobile Braille-Geräte, die sich an Smartphones und Tablets anschließen lassen.

Siehe auch unsere Informationen zur Produktgruppe Screenreader und zur Produktgruppe Braillezeilen.

Weitere Hilfsmittel

Es gibt eine Reihe von weiteren Hilfsmitteln, die gegebenenfalls in Frage kommen: