Ein Blindflug durch das Surface Pro 2 Tablet

5. Mai 2014

Microsofts Tablet Surface Pro 2

Mit Narrator unter Windows 8.1 präsentiert Microsoft einen ernstzunehmenden On-Board-Screenreader. Robbie Sandberg hat auf dem Surface Pro 2-Tablet getestet, inwieweit sich Narrator gegenüber VoiceOver (iOS) und TalkBack (Android) behaupten kann.

Die Hardware

Das kompakte Gerät Surface Pro 2 mit 10,6 Zoll Bildschirmdiagonale erinnert beim ersten In-die-Hand-Nehmen an eine Familienpackung Merci. Wer schon andere Tablets in der Hand hielt, wird von dem vergleichsweise hohen Gewicht des Surface Pro 2 überrascht. Das Gerät weist außer einer Kipptaste für die Lautstärke und der Power-Taste keine Hardware-Schalter auf. An den Kanten finden sich weiterhin ein USB 3.0-Port, ein Mini DisplayPort, ein Kopfhörer-Ausgang und ein Speicherkarten-Schlitz (MicroSDXC).

Das Gerät hat einen Intel Chip (Core i5, Dual-Core, 1,6 GHz), 4 GB Arbeitsspeicher und ist mit 64 bis 512 GB Flash Speicherplatz erhältlich.

Auf der Rückseite lässt sich ein Fuß in zwei Positionen ausklappen, um das Gerät aufstellen zu können, zum Beispiel, wenn es mit Tastatur wie ein Ultrabook genutzt wird.

Klangbild und Sprachausgabe

Zunächst fallen die verhaltenen, aber zweckmäßigen Hinweistöne auf. Das Sound Design ist im Gegensatz zur Klimperkiste Android sehr angenehm und sogar noch dezenter als iOS. Ein Segen für Vielnutzer.

Die Sprachausgabe hat im Vergleich zu früheren Versionen große Fortschritte gemacht. Allerdings stiften einige Kinderkrankheiten hier und da Verwirrung. So werden Überschriften (etwa Optionsgruppen in den Einstellungen bzw. Labels von Schaltflächen) nicht als solche angesagt. Es wird lediglich der Text gesprochen, der sich dann bei der darauffolgenden Schaltfläche wiederholt.

Werden deaktivierte Optionsschaltflächen durch Doppeltipp aktiviert, sagt Narrator mal "Aktiviert", mal "Nicht aktiviert". Wann die richtige und wann die falsche Information ausgegeben wird, war nicht zu klären. Im Zweifelsfall muss die Schaltfläche erneut fokussiert werden, damit der korrekte Zustand ausgegeben wird.

Neben Kombinationsfeldern wird die ausgewählte Option genannt mit dem Hinweis "Doppeltippen zum Auswählen". Tatsächlich muss aber das Kombinationsfeld selbst angetippt werden, um eine Auswahl zu treffen.

Bei Apps oder Schaltflächen sagt Narrator "Doppeltippen um aktivieren" statt "um zu aktivieren".

Im Dialog für das Einstellen des Zeitabstandes zur Referenzzeit UTC wird eine Stunde, also 01:00, „eins zu null“ ausgesprochen. Nahe der Datumsgrenze dürften Handball-Ergebnisse erzielt werden.

Bedienung

Die Bedienung des Betriebssystems und der mitgelieferten Apps mit Narrator ist weitgehend möglich, der Bedienkomfort lässt jedoch zu wünschen übrig. Im Kalender etwa ist das Datumsraster nicht erkundbar. Um einen Tag auszuwählen, muss man sich dahin durchwischen. Es ist allerdings möglich, eine Liste der anstehenden Termine aufzurufen. In der Wochenansicht werden die Termine neben dem Tag angezeigt, allerdings ist die Auswahl der Kalenderwoche umständlich. Das Anlegen eines Termins ist möglich, wobei auch hier die Datumsauswahl mühsam ist.

Bei angeschalteter Sprachausgabe werden bei der Einstellung des Systemdatums nur jeweils sieben Monate angezeigt. Die übrigen Monate sind nicht über Gesten erreichbar. Alle anderen Felder lassen sich einstellen.

Die virtuelle Tastatur ist wegen der Größe des Bildschirms gut nutzbar. Geübte Nutzer können fast mit Zehn-Finger-System schreiben, ansonsten empfiehlt sich ein Vier-Finger-Suchsystem.

Eine Bluetooth-Tastatur (inLine 55372) konnte zwar verbunden werden, war aber weder zum Steuern des Gerätes noch zur Texteingabe zu gebrauchen, da jeder Tastendruck völlig wirkungslos blieb. Laut anderen Berichten ist aber die Nutzung mit anderen externen Bluetooth-Tastaturen möglich.

Mit einer hinzukaufbaren Microsoft-Tastatur, dem Type Cover 2, lässt sich das Gerät wie ein Ultrabook bedienen. In diesem Artikel geht es jedoch nur darum, inwieweit der Surface Pro 2 als Tablet für blinde Nutzer/-innen bedienbar ist.

Fazit

Microsoft ist auf einem guten Weg, einen durchaus brauchbaren Screenreader für Windows anzubieten. Noch hat Narrator seine Schwächen, aber die Entwicklungssprünge der letzten Zeit machen Hoffnung. Ist iOS in punkto Screenreader der unbestrittene Platzhirsch, hat Microsoft mit Windows 8.1 zu Android aufgeschlossen.

Im AFB AccessWorld Magazine gibt es einen ausführlicheren englischsprachigen Erfahrungsbericht: Evaluating the Accessibility of the Microsoft Surface Pro 2 Using Narrator.